Bürgerarbeit – Chance für Langzeitarbeitslose?

Das Wichtigste zur Bürgerarbeit in Kürze

Was ist Bürgerarbeit?

Bei der Bürgerarbeit handelte es sich um ein Modellprojekt, welches zwischen 2011 und 2014 durchgeführt wurde. Ziel war es, Arbeitslose insbesondere Langzeitarbeitslose, bei denen eine Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich war, einen Bürgerarbeitsplatz zu vermittelt.

Welche Tätigkeiten kamen bei der Bürgerarbeit infrage?

Bürgerarbeitsplätze mussten ähnlich wie die Ein-Euro-Jobs zusätzlich sein und im öffentlichen Interesse liegen. Dabei konnte es sich etwa um einen Begleitservice für Ältere, Unterstützung im Breitensport oder die Pflege von Grünanlagen handeln.

Ist die Bürgerarbeit vergütet?

Ja, abhängig von den wöchentlichen Arbeitsstunden wurde eine Vergütung gezahlt. Informationen zur Bezahlung finden Sie hier.

Was bedeutet Bürgerarbeit?

Ein Beispiel für Bürgerarbeit kann die Instandhaltung von Grünflächen sein.
Ein Beispiel für Bürgerarbeit kann die Instandhaltung von Grünflächen sein.

Besonders Langzeitarbeitslose haben es in unserer Gesellschaft nicht leicht. Länger als ein Jahr arbeitslos zu sein, kann nicht nur an den Nerven zerren, sondern auch zur Motivationslosigkeit führen.

Um dieser entgegenzuwirken, werden in Deutschland immer wieder verschiedene Projekte der Bundesagentur für Arbeit oder der Bundesregierung initiiert, die die Wiedereingliederung von Arbeitslosen in die Gesellschaft und den Job zum Ziel haben.

Eines dieser Projekte nennt sich „Bürgerarbeit“ und wurde im Jahr 2010 durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ins Leben gerufen.

Aber was genau beinhaltet das Programm der Bürgerarbeit? Und inwiefern können dadurch besonders Langzeitarbeitslose in Deutschland gefördert werden? Lesen Sie mehr dazu in unserem Ratgeber.

Im Jahr 2010 entschied das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dass es im darauffolgenden Jahr – also 2011 – ein dreijähriges Pilotprojekt der Bürgerarbeit geben solle. Zu diesem Zweck sollten über 30.000 Arbeitsplätze in der Bürgerarbeit zur Verfügung gestellt werden. Ähnlich wie bei Ein-Euro-Jobs durften diese allerdings keine anderen Arbeitsplätze verdrängen sowie dem öffentlichen Interesse entsprechen.

Als Vorbereitung für die Bürgerarbeitsplätze erfolgte für viele erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger eine Aktivierungsphase mit einer Dauer von sechs Monaten. Diese sollte Talente und Kenntnisse der Leistungsberechtigten in den Vordergrund rücken und somit eine passende Stelle der Bürgerarbeit für diese herausfiltern.

Auch die direkte Eingliederung der Menschen in den ersten Arbeitsmarkt gehörte zu dieser Aktivierungsphase. Wurde ein Arbeitsloser durch die persönliche Förderung direkt in eine Erwerbstätigkeit involviert, so musste dieser nicht mehr am zweiten Teil der Bürgerarbeit – der Beschäftigungsphase – teilnehmen. Bis zu 36 Monate waren für diese zweite Phase angedacht, in der die Hartz-IV-Empfänger in die Bürgerarbeit integriert wurden.

Bürgerarbeit kann unter anderem das Vorlesen in Altersheimen oder die Begleitung Behinderter zu alltäglichen Terminen bedeuten.

Bürgerarbeit: Arbeitszeit und Bezahlung

Bürgerarbeit soll besonders Langzeitarbeitslosen bei der Wiedereingliederung helfen.
Bürgerarbeit soll besonders Langzeitarbeitslosen bei der Wiedereingliederung helfen.

Für die Beschäftigungsphase waren 20-30 Wochenstunden geplant.

Bei 20 Wochenstunden lag die durch Bürgerarbeit entstehende Förderung für Teilnehmende bei 720 Euro, 30 Wochenstunden wurden mit 1080 Euro vom Bund gefördert.

Diese Förderung muss nicht zurückgezahlt werden. Für einen Arbeitnehmer der Bürgerarbeit entstand demnach ein Nettolohn von bis zu 900 Euro bei einer 30-Stunden-Woche, bis zu 600 Euro bei 20 Stunden.

Da die Bürgerarbeit durch die Finanzierung des Bundes unterstützt wurde, konnten viele neue Stellen in den Kommunen bereitgestellt werden.

Antragstellung

Arbeitslose, die an der Maßnahme teilnehmen wollten, erhielten nach Antrag vom Bundesverwaltungsamt für die Bürgerarbeit einen Bescheid, auf dem die Tätigkeit sowie eine Stellenbeschreibung ausgewiesen wurden.

Die für diese Bürgerarbeit wichtigen Formulare konnten ebenfalls auf den Internetseiten des Bundesverwaltungsamtes heruntergeladen werden. Nach Eintritt in die Bürgerarbeit tauchten die Erwerbstätigen nicht mehr in der Statistik zur Arbeitslosenquote auf.

Bürgerarbeit kündigen – geht das?

Aber konnten in der Bürgerarbeit Tätige ihren Job auch wieder aufgeben? Konnten Arbeitslose eine Stelle in der Bürgerarbeit auch ablehnen? In der Regel gehört die Bürgerarbeit – ähnlich wie alle anderen Möglichkeiten zur (Wieder-)Aufnahme einer Arbeitsstelle – zu den Maßnahmen des Jobcenters. Menschen, die Hartz IV empfangen, sollen wieder an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden.

Hat der Bezugsberechtigte beim Antrag auf Leistungen im Jobcenter die Eingliederungsvereinbarung unterschrieben, so ist in der Regel die Teilnahme an der Bürgerarbeit auch verpflichtend. Das heißt im Umkehrschluss: Gegen den Hartz-IV-Empfänger können gewisse Sanktionen verhängt werden, wenn dieser sich weigern sollte, eine Stelle in der Bürgerarbeit anzunehmen.

Sind Arbeitslose weiterhin sozialversichert?

Bei der Bürgerarbeit ist eine Arbeitszeit von bis zu 30 Wochenstunden möglich.
Bei der Bürgerarbeit ist eine Arbeitszeit von bis zu 30 Wochenstunden möglich.

Da die Bürgerarbeit die Aufnahme einer sozialversicherungs­pflichtigen Erwerbstätigkeit bedeutet, wird durch den entsprechenden Arbeitgeber auch in die Sozialversicherung eingezahlt.

Die Übernahme dieser Zahlung durch das Jobcenter erfolgt nicht mehr.

Arbeitet ein ehemals Arbeitsloser in einer Maßnahme der Bürgerarbeit, wird die Arbeitslosenversicherung allerdings nicht abgeführt.

Erfolg nach Ende des Projekts

Wird die in der Regel 36 Monate andauernde Maßnahme beendet, so hat der Arbeitgeber der Bürgerarbeit einen Verwendungsnachweis zu erstellen. Dieser muss dem Bundesverwaltungsamt vorgelegt werden und beinhaltet eine Evaluation der Bürgerarbeit.

Im Verwendungsnachweis wird entsprechend festgehalten, welche Maßnahmen ergriffen und ob die angestrebten Ziele erreicht wurden. Zudem muss der Arbeitgeber eine aus der Bürgerarbeit hervorgehende Ausgabenerklärung abgeben.

Diese sollte die Zahlung des Entgelts und der Sozialversicherungsbeiträge dokumentieren und dem Bundesverwaltungsamt ebenfalls vorgelegt werden.

Kann bei der Bürgerarbeit eine Verlängerung stattfinden?

Das Projekt Bürgerarbeit wurde zum Ende des Jahres 2014 beendet. Eine Neuauflage soll es nicht geben. Zwar wurden viele arbeitslose Menschen bereits in der Aktivierungsphase in eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt, ein signifikanter Erfolg durch die 36-monatige Beschäftigungsphase sei allerdings nicht zu verzeichnen.

Aus diesem Grund ist der Sinn und Zweck der Bürgerarbeit unter Politikern, Arbeitslosen und Jobcentern umstritten. Während positive Entwicklungen aus der Bürgerarbeit beispielsweise die Verringerung der Arbeitslosenzahlen sowie die vereinzelte Übernahme von ehemaligen Bürgerarbeitern als Festangestellte sind, wird auch viel Kritik laut:

Vielmehr sollten durch das Projekt öffentlich geförderte Beschäftigungen in Deutschland minimiert und die Integration der Arbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt – zum Beispiel durch Umschulungen – unterstützt werden. Somit seien Finanzen besser angelegt und könnten sinnvoller verteilt werden.

Unterschied zu freiwilliger Bürgerarbeit

Die Bürgerarbeit kann die Eingliederung von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen.
Die Bürgerarbeit kann die Eingliederung von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen.

Neben der durch das BMAS ins Leben gerufene Bürgerarbeit als Maßnahme der Jobcenter zur (Wieder-)Eingliederung in Arbeit, gibt es auch freiwillige Formen der Bürgerarbeit. Diese sollen der Vollständigkeit halber in diesem Ratgeber ebenfalls kurz beleuchtet werden. Der Begriff der freiwilligen Bürgerarbeit wird oft auch synonym zum Ehrenamt verwendet.

Bei Bürgerarbeit handelt es sich entsprechend um eine ehrenamtliche Projektarbeit, die deshalb zeitlich begrenzt ist. Ein Beispiel für freiwillige Bürgerarbeit kann deshalb Flüchtlingshilfe sein. In der Regel wird keine Vergütung gezahlt, allerdings wird die Bürgerarbeit in der Gesellschaft hoch angesehen. In Ausnahmefällen kann eine Vergütung trotzdem gewährt werden.

Das ist in der Regel dann der Fall, wenn die Existenz des Arbeitleistenden bedroht ist. In diesem Zusammenhang wird auch oft ein allgemeingültiges Entgelt für Ehrenamtler oder Bürgerarbeiter diskutiert.

Zum einen sollte Arbeit – auch dann, wenn sie freiwillig geleistet wird, bezahlt werden, zum anderen könnte durch die Entlohnung allerdings auch der Sinn der freiwilligen Arbeit verloren gehen. Aus diesem Grund werden Ehrenämter häufig – zumindest geringfügig im Sinne einer Aufwandsentschädigung – entlohnt.

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Bürgerarbeit – Chance für Langzeitarbeitslose?
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Über den Autor

Autor
Yassin F.

Yassin hat Sozialwissenschaften studiert und mehrere Jahre bei verschiedenen karitativen Einrichtungen gearbeitet. 2021 stieß er zum Team von arbeitslosenselbsthilfe.org hinzu und unterstützt uns seitdem mit dem Verfassen von News und Ratgebern.

3 Gedanken zu „Bürgerarbeit – Chance für Langzeitarbeitslose?

  1. Manuel T.

    Die Idee der Bürgerarbeit ist vernünftig. das grundlegende Konzept in Ordnung, wenn auch nicht vollständig durchdacht ist. Es heißt: Bürgerarbeit sei ein Flop. Dies ist bedingt richtig.Das Hauptproblem liegt in der Praxis an der Umsetzung.
    Oft werden Leute dorthin vermittelt, die nicht der Dringlichkeit unterliegen, da diese auf den ersten Arbeitsmarkt mehr Chancen haben als jene mit Einschränkungen. Es sind jene, die aus gesundheitlichen Gründen und oder aus Gründen von Behinderung mehr Probleme und erheblich geringeren Chancen kaum bis gar kein Zugang in den ersten Arbeitsmarkt haben. Diese werden zu wenig vermittelt bzw. denen wird kaum eine Chance gegeben.
    Das zweite Problem ist:
    es wird / wurde zu wenigen Leuten ermittelt und somit nicht genügend genutzt. Viele Einrichtungen stellen zu wenig Menschen mit wenigen Chancen auf dem Arbeitsmarkt ein und zu viele bei denen es gewiss mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt gibt. Darüber hinaus sind viele nur an die Zuschüsse interessiert und nicht am Sinn und Zweck der Bürgerarbeit. Weiterbildungsmöglichkeiten in diesen Projekt werden versprochen jedoch überwiegend nicht erfüllt. Gleiches betrifft auch den Versprechungen von Förderung und Unterstützung der betroffenen. In der Praxis leider ineffizient durch diverse Maßnahmeträger und Maßnahmedurchführenden.
    Diejenigen mit gesundheitlichen Einschränken und mit Behinderungen, insbesondere bei vorliegen von beidem
    würden sih sehr freuen wenn wenigstens auf diesem Wege eine Chance zur beruflichen Tätigkeit und Erfahrung sammeln bekämen. So hätten auch jene mehr Lebensqualität. Leider gibt es zu viele sinnlose Beschäftigungen, die nicht gerade förderlich sind und noch sehr viel weniger auf dem ersten Arbeitsmarkt, die in alltäglichen realen Bereichen diese nicht anbieten. Wäre hier ein konsequentes Umsetzen gegeben, dann würde die Chancengleichheit gefördert und ausgewogener sein.
    Leider gibt es für Betroffene keine Möglichkeit sich kompetent zu informieren, denn es wird nichts angeboten einerseits, und vor allem durch Jobcenter nahezu ein Staatsgeheimnis daraus gemacht. Beratung gibt es ohnehin nicht .Die JobCenter kommen ihren Aufgaben ungenügend nach und schieben lieber ab. Üblich an geldverschlingenden und sinnlosen Projekten bei denen Nur die Projekttreibenden verdienen.
    Ich wünschte, es gäbe eine Quelle in denen Bürgerarbeit direkt angeboten wird und wo man sich wirklich informieren kann. ich bin seit Geburt an Behindert und habe zudem seit längerem (ein paar Jahre) Problem mit den Gelenken und Wirbelsäule wie auch eine Herzerkrankung. Ich habe verschiedene Maßnahmen mitgemacht- Auf den ersten Arbeitsmarkt hatte ch noch nie eine echte reale Chance. Schwarzarbeit, steuerfrei, geringfügige Beschäftigung gibt es, jedoch keine regulären Beschäftigungen wie es sich gehört. Für mich ist der zweite Arbeitsmarkt die letzte und einzigste Chance die mir noch bleibt. Ein Eurojobs sind wahrlich Schwachsinn, doch dort werden die Leute hineingeschoben. Jobs die vollkommen überflüssig sind da ohne Aussicht, ohne Rente und ohne Sozialversicherung. Bürgerarbeit bietet dies in der Regel: Sozialversicherungen und somit Rentenbeiträge. das bringt den Betroffenen mehr.

  2. Kneipenranger Onkel Joe

    Wie ist das mit Renten Beitragszahlung?????

    1. arbeitslosenselbsthilfe.org

      Hallo Kneipenranger,

      während der Bürgerarbeit werden die Rentenversicherungsbeiträge vom Bruttolohn abgezogen.

      Ihr Team von arbeitslosenselbsthilfe.org

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